Künstlerisches Speed-Dating
15.3.2010, Lokalausgabe NRZ / Der Westen, Thomas Hag

Installationen, Arbeitsproben, ein fertiges Stück, eine bunte Mischung, in deren Mittelpunkt der bewegte Körper stand, das alles und noch mehr erwartete die Besucher im tanzhaus.

Der erste Weg führt in den sogenannten "Trommelraum", in dem tatsächlich allerlei Perkussionsinstrumente zu finden sind. Hier hat die Berliner Künstlerin Jasmine Ellis ihre Videoinstallation "Our House" eingerichtet. Der Betrachter kann es sich auf einem großen Bettenlager gemütlich machen, ja er muss es sogar, denn das Video wird auf die Decke des Raumes projiziert. Eine häusliche Szene, ein Mann spielt eine Bluesharp, im Schlafzimmer, in der Küche, seine Partnerin bewegt sich in dem Interieur, sexy, tänzerisch – und leicht genervt. Denn am Ende des siebenminütigen Loops packt sie den Musiker in einen großen Karton.

Im Studio 6 hat Gabriele Horndasch die Leuchtbuchstaben eines von Max Bill gebauten Düsseldorfer Hauses gerettet. "Schadenschnelldienst" hieß es einst, und auf ebenso beruhigende wie spannende Weise stellt sie die Buchstaben zu einem zwanzigzeiligen Klanggedicht immer wieder neu zusammen, "Schaltnest schneidend" lautet so eine Zeile, "Baupläne" zeigen an, wie sie die blau-weißen Buchstaben verschieben kann, ohne dass sich die Kabel heillos verheddern.

Die kleine Bühne bietet Tanz. Sanja Tropp Frühwald/VRUM & Jule Flierl (Düsseldorf/Zagreb/Berlin) begeben sich inmitten von Umzugskartons auf die Spurensuche. "Bones" ist den Großmüttern der Tänzerinnen gewidmet, ein work-in-progress, dessen sensible und originelle Bildsprache Lust auf mehr macht.

Japanisch-stylisch gibt sich Yui Kawaguchi, die in einem Ausschnitt ihrer Arbeit "andropolaroid" als androgynes Wesen Klangfarben als Ausgang für ihre Bewegungen nimmt, ein rotes Kapuzensweatshirt wird zum Schalltrichter im Geräuschewald.

Bereits fertig ist "Suschi", ein Duo der Folkwang-Studierenden Alfredo Zinola und Hyun Jin Lim. Als hätten Karl Valentin und Liesl Karlstadt sich den Tanz als Metier ausgesucht, ziehen die beiden sich gegenseitig auf, lassen den anderen wie an Fäden Grimassen schneiden, verbinden Poesie, Tanz und Komik miteinander.

Viele Eindrücke also an diesem Abend, und als Zugabe hat Tanzhaus-Dramaturgin Henrike Kollmar noch ein "künstlerisches Speed-Dating", wie sie es nennt, arrangiert. An Stehtischen, mit Getränken versorgt, können die Zuschauer die Künstler zu ihren Werken befragen, und nach kurzem Zögern wird von dem Angebot rege Gebrauch gemacht. Aber anders als beim "normalen" Speed-Dating dauerten die Gespräche wesentlich länger als fünf Minuten.